Wenn Johann Sebastian Bachs Musik einst durch den rumänischen Philosophen Emil Cioran zum Beweis göttlicher Existenz stilisiert wurde, ist das mehr als ein Bonmot. Mit eben jener Anspielung eröffnete die Vorsitzende der Bad Kreuznacher Konzertgesellschaft, Anna-Luise Heinrich, das sommerliche Chor- und Orchesterkonzert in der Pauluskirche. Er war eine Einladung an das Publikum, sich trotz tropischer Außentemperaturen innerhalb der kühlenden Kirchenmauern auf ein musikalisches Erlebnis einzulassen, das der Seele kühlende Momente der Erholung spendete und in die herzerwärmende Welt barocker Klangpracht entführte.
Unter der Leitung von Stefan Wasser setzte der Chor der Konzertgesellschaft gleich zu Beginn einen eindrucksvollen Akzent. Bachs Kantate ‚Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten‘ erklang in kraftvoller, fein abgestimmter Interpretation und verwies auf das Niveau, das die Gäste an diesem Abend erwarten durften.
Die Kammerphilharmonie Köln brachte daran anschließend im ersten und im zweiten Teil des Konzertabends barocke Meisterwerke zum Leuchten. Händels ‚Feuerwerksmusik‘ und Vivaldis ‚Pariser Konzert Nr. 1‘ entfalteten ihre Wirkung mit Klarheit, Präzision und klanglicher Fülle. Die Orchestermitglieder spielten sich in eine Spannung zwischen tänzerischer Leichtigkeit und barocker Opulenz, die auch jenen einen Zugang eröffnete, die mit der Musik des Barock bislang weniger vertraut waren.
Für die Fans der Barockmusik setzte das Orchester meisterliche Akzente. Insbesondere mit der Interpretation von Pachelbels Barock-Meisterwerk ‚Kanon und Gigue in D-Dur‘. Unter Stefan Wassers Dirigat gelang es, die klangliche Transparenz und den kontemplativen Charakter des Werks in nahezu schwebende Klangräume und die Kammerphilharmonie Köln auf den musikalischen Olymp zu überführen. Die Kammerphilharmonie zeigte sich dabei als feinfühliges Ensemble, das technische Brillanz mit musikalischer Tiefe zu verbinden vermag.
Auch die Solistinnen und Solisten wussten zu überzeugen. Bass Thomas Herberich gestaltete in den Bachkantaten selbst schwierigste und atemtechnisch herausfordernde Passagen mit technischer Souveränität und klanglicher Klarheit. Tenor István Balota zeigte in Bachs ‚Freue dich, erlöste Schar‘ interpretatorische Reife, und Regina Grönegress verlieh ihren Arien eine emotionale Tiefe, mit einer Altstimme, die unmittelbar berührte. Stimmlich überstrahlte Sopranistin Gunda Baumgärtner. Ihre souverän geführte Stimme schien das Publikum in andere Sphären zu tragen, vereinte sie doch traumwandlerisch sicher stimmliche Leichtigkeit mit temperamentvollen Momenten.
Der Chor der Bad Kreuznacher Konzertgesellschaft beschloss den Abend so eindrucksvoll, wie er ihn eröffnet hatte: mit dichter Geschlossenheit und stilistisch sicher zeigten die Aktiven hörbar ihre Freude am gemeinsamen Singen im Chor. Fein aufeinander abgestimmt in den Stimmen und in vollkommener Harmonie mit dem Orchester und den solistisch Singenden vereint, ließ der Chor auch im 195. Jahr seines Bestehens erahnen, mit welcher Hingabe und Disziplin hier geprobt wird.
Dass ein Amateurchor auf solch eindrucksvolle Weise mit professionellen Kräften zu musizieren vermag, wie an diesem Abend der Barock-Impressionen in der Pauluskirche, ist das Ergebnis jahrelanger konzentrierter Arbeit. So bewies das Ensemble im Zusammenspiel mit professionellen Kräften, dass es auf hohem Niveau bestehen kann – getragen von Engagement, Disziplin und künstlerischer Neugier.
Mit Blick auf das Jubiläumsjahr 2030, in dem die Konzertgesellschaft ihren 200. Geburtstag feiern wird, lädt der Chor schon jetzt neue Stimmen zum Mitsingen ein. Interessierte Personen wenden sich an Anna-Luise Heinrich per E-Mail unter klauseckardh@gmail.com oder telefonisch unter 0176 45968347.