Mit einer beeindruckenden Mischung aus Musik, Emotion und politischer Botschaft präsentierten der Frauenchor Incognito aus Saulheim und die ChoryFeen aus Staudt ihre gemeinsame ‚Ladies Night‘ in der Saulheimer Sängerhalle. Das Publikum erlebte einen Abend, der weit über ein Chorkonzert hinausging – es war eine chormusikalische Hommage an Frauen, ihre Stimmen und ihre Geschichte.
Die ‚Ladies Night‘, bisher als Begegnung zweier Frauenchöre bekannt, erhielt in diesem Jahr eine neue konzeptionelle Dimension. Im Zentrum stand Chormusik, die von Frauen komponiert, interpretiert oder geprägt wurde. Dies mit Werken, die zeigten, wie Musik im Lauf der Jahrzehnte zu einem Ausdruck weiblicher Selbstbehauptung und Freiheit geworden ist, wie Frauen über die Jahre die Musik nutzten, um für sich und ihre Rechte einzustehen. Wochenlange Vorbereitung in verschiedenen Arbeitsgruppen machte den Abend zu einer durchchoreografierten Collage aus Klang, Bild und Bewegung.
Schon der Auftakt hatte theatralische Wucht: Aus Lautsprechern hallten Rufe von Demonstrationen für Frauenrechte, die in ‚March of the Women‘ von Ethel Smyth mündeten, mit dem die beiden Frauenchöre in die Halle einzogen. Ethel Smyths Stück ist eines der prägendsten der noch jungen Frauenbewegung des frühen 20. Jahrhunderts. Wie auf einem Protestzug erklangen die Stimmen zunächst von draußen, ehe sie sich im Raum sammelten und den Saal in eine vibrierende Kundgebung verwandelten. Flugblätter regneten von der Empore, das überraschte Publikum wurde Teil der Inszenierung.
Im Anschluss an das beeindruckende Opening, führte der Frauenchor Incognito durch ein historisches Kapitel der Frauenbewegung. Titel wie ‚Schwester Suffragette‘ aus dem Disneyfilm ‚Mary Poppins‘ und Leslie Gores ‚You Don’t Own Me‘ verbanden Zeitgeschichte mit musikalischem Ausdruck. Die Moderation ordnete beide Stücke prägnant in ihren gesellschaftlichen Kontext ein und auf einer Leinwand wurden begleitende Videosequenzen zu den Liedern gezeigt. Musikalisch erhielt der Auftritt zusätzliche Kraft durch die Live-Begleitung einer Band mit Schlagzeug, Gitarre, Bass und Saxofon, die den Chor wirkungsvoll ergänzte.
Der zweite Teil widmete sich der stärksten aller Emotionen – der Liebe in all ihren Facetten. Vom schwedischen A-cappella-Stück ‚Jag såg Dig‘ von Kraja – zu Deutsch ‚Ich sehe dich‘ – über Kate Bushs ‚Running up that Hill‘. Mit Alanis Morissettes ‚You Oughta Know‘, zeigte der Frauenchor, dass es in Liebesliedern nicht immer um die rosarote Brille geht. Kaum je wurden die Emotionen eines zerbrochenen Liebesverhältnisses eindringlicher vertont als in diesem Lied. Chor und Band interpretierten das Stück mit spürbarer Intensität. Auch hier gab es erläuternde Moderationen, um das Verständnis der Chorstücke zu vertiefen.
Der dritte Konzertblock stand unter dem Thema Selbstermächtigung / Selbstbestimmung – ‚Empowerment‘, mit ‚What Was I Made For?‘ von Billie Eilish aus dem Kinofilm ‚Barbie‘ eröffnet und gefolgt von Hildegard Knefs zeitlosem Klassiker „Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Eine Videoinstallation mit Porträts der Sängerinnen in verschiedenen Lebensphasen ergänzte den Auftritt und eine stimmungsvolle Moderation unterstrich diese emotionalen Momente. Lässig und selbstbewusst ging es weiter mit ‚Royals‘ von Lorde und Natasha Bedingfields ‚Unwritten‘, bevor das Publikum bereits vor der Pause begeistert nach einer Zugabe verlangte. Diesem Wunsch kamen die Chöre im weiteren Konzertverlauf nur zu gerne nach.
Nach der Pause verdoppelte sich die Zahl der Frauen auf der Bühne – als die ChoryFeen übernahmen. Mit ‚Both Sides Now‘ von Joni Mitchell, ‚You Say‘ von Lauren Daigle und ‚Tak Me Home‘ sowie dem Spiritual ‚Will The Circle Be Unbroken‘ zeigten sie stimmliche Bandbreite und Gefühlstiefe. Wie vielseitig ihr Repertoire ist, bewiesen die ChoryFeen mit den folgenden Stücken, die in ein ganz anderes musikalisches Genre führten: mit ‚Hungriges Herz‘ von Mia und Taylor Swifts ‚Shake It Off‘. Die mitreißende Choreografie dazu brachte dann auch das Publikum zum mit’shaken‘.
Zum großen Finale vereinten sich die ChoryFeen und Incognito. Mit Katy Perrys ‚Roar‘ eröffneten die Sängerinnen diesen Schlussteil des Abends – ein musikalisches Sinnbild für Selbstbehauptung und innere Stärke. Denn es wurde auch verbildlicht, was ‚Frau‘ so machen muss, um für sich einzustehen: nämlich zu brüllen wie ein Löwe.
Nach den Dankesworten an alle Mitwirkenden, die dieses große Konzertprojekt ermöglicht hatten, folgten ‚Love Power‘ von Skeewiff und als doppelte Zugabe die wohl bekannteste Hymne der Frauenbewegung schlechthin: ‚Respect‘ von Aretha Franklin. Spätestens jetzt strömte die Energie von der Bühne in den Saal. Das Zusammenspiel der Chöre, ihrer Solostimmen, der Chorleitungen von Michel Götz und Jessica Burggraf sowie der Band entfachte eine mitreißende Dynamik – am Ende hielt es niemanden mehr auf den Sitzen, die Sängerhalle tanzte kollektiv im Takt des letzten Liedes.
„Ein brillanter Abend“, „Eine spannende Zusammenstellung von abwechslungsreichen, engagierten Stücken, wunderbar arrangiert, perfekt einstudiert und großartig gesungen“, so klangen die begeisterten Stimmen, die man im Anschluss an die After-Show-Party und noch Tage später vernahm. Das Konzert wirkte nach – inspirierend, energiegeladen und gleichermaßen bewegend für Publikum wie Mitwirkende. Und noch während der After-Show-Party wurde der Wunsch nach einer Fortsetzung laut. Und tatsächlich ist eine Neuauflage der ‚Ladies Night‘ für den Herbst 2026 in Staudt bereits in Planung.