Am 12. Oktober wurden in Sohren im Hunsrück die Zelter- und Pro-Musica-Plaketten des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verliehen. Die Auszeichnungen würdigen Chor- und Musikvereine, die seit über einem Jahrhundert das kulturelle Leben ihrer Gemeinden prägen und erhalten. Neben fünf Musikvereinen, die mit der pro-musica-Plakette geehrt wurden, erhielten zwei Chorvereine die Zelter-Plakette: der Männergesangverein Liederkranz Gonzerath, Gemeinde Morbach, aus dem Chorverband Rheinland-Pfalz und Gemischter Chor Hengstbach, Stadt Zweibrücken, aus dem Chorverband der Pfalz.
Ehrengäste waren die politischen Vertreter Staatssekretär Prof. Dr. Jürgen Hardeck, der Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises Volker Boch und Peter Müller, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kirchberg. Als Vertretungen der Amateurmusik der Präsident des Landesmusikrats Rheinland-Pfalz Peter Stieber, der Präsident des Chorverbands Rheinland-Pfalz Karl Wolff, Inge Vonnieda, Vizepräsidentin des Chorverbands der Pfalz sowie Gordon Schnieder, Vizepräsident des gastgebenden Landesmusikverbands, der die Veranstaltung eröffnete.
Orte leben von ihren Vereinen
In seiner Begrüßung dankte Landrat Boch allen ehrenamtlich Engagierten: „Orte leben von ihren Vereinen und ihrem Engagement. Mein Dank gilt allen, die singen und musizieren und damit das gesellschaftliche Leben bereichern.“ Er betonte die Bedeutung der Nachwuchsarbeit in Chor- und Musikvereinen und verwies auf Initiativen wie das Startup-Orchester Sohren, das mit moderner Öffentlichkeitsarbeit und digitalen Angeboten neue Wege beschreite.
Musik als Teil der Dorfgemeinschaft
Verbandsbürgermeister Müller, selbst Saxophonist im Musikverein Sohren, hob die lebendige Musikkultur der Ortsgemeinde hervor: „In Sohren sind zahlreiche Chor- und Musikvereine aktiv. Ich danke allen, die sich mit Leidenschaft und Einsatz für unsere musikalische Vielfalt engagieren.“ Der Musikverein Sohren 1925, der die Verleihung an diesem Tag musikalisch umrahmte, erhielt ebenfalls eine der verdienten Auszeichnungen.
Vereine der Amateurmusik sind Schulen des Lebens
Staatssekretär Prof. Dr. Hardeck erinnerte in seiner Ansprache an Hermann Hesses Worte „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ und schlug damit den Bogen zu den Anfängen der Chor- und Musikvereine vor hundert Jahren. Er sprach von den Herausforderungen, die sie überstanden haben – Krisen, Kriege und zuletzt die Pandemie – und lobte die Fähigkeit der Gemeinschaften, sich immer wieder neu zu erfinden. „Die Vereine der Amateurmusik sind Schulen des Lebens und der Demokratie – dort im Kleinen, wie auch im Landtag oder Bundestag“, so Hardeck. Musik verbinde und stifte Heimat. „In keiner Zeit hat es so viele Umwälzungen und Neuerungen wie in den letzten 100 Jahren gegeben.“ Zugleich mahnte er, kulturelle Wurzeln zu bewahren. Er kritisierte die restriktive Haltung der GEMA gegenüber musikalischen Aufführungen auf Weihnachtsmärkten: „Lassen Sie unsere Weihnachtsmärkte und Feste nicht ohne Musik – sie wird gebraucht!“
„Amateurmusik ist der soziale Kitt unserer Gesellschaft“
Peter Stieber, Präsident des Landesmusikrats Rheinland-Pfalz, betonte den gesellschaftlichen Wert der Amateurmusik: „550.000 Menschen in Rheinland-Pfalz singen oder musizieren aktiv. Nach dem Sport ist die Amateurmusik die größte Bürgerbewegung des Landes.“ Zugleich kritisierte er die Lage des Musikunterrichts an Schulen: „An Grundschulen fällt der Musikunterricht zu 60 Prozent aus – ein alarmierendes Signal.“ Chor- und Musikvereine seien daher unverzichtbare Orte kultureller und sozialer Bildung.
Die Amateurmusik als Gegenentwurf zur lauten Welt
Gordon Schnieder unterstrich die symbolische Bedeutung der Auszeichnung: „Die Welt wird lauter, schneller, kälter – die Amateurmusik ist das Gegenmodell. Sie steht für Zusammenhalt, Zuhören und Engagement. Kultur ist kein Kostenfaktor – wer Kultur stärkt, stärkt Demokratie und Gesellschaft.“
Chorleitende angemessen vergüten
Die Verleihung der Zelter-Plaketten wurde vom Musikverein Sohren musikalisch mit dem Stück ‚Gold von den Sternen‘ aus dem Musical Mozart sologesungen begleitet. Karl Wolff leitete seinen Gruß mit Eichendorffs Versen aus der Wünschelrute ein: „Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort“, und sprach über die aktuelle Situation der Chöre: „Nach der Pandemie verzeichnen wir wieder Zuwächse an Singenden, doch wir müssen stärker in Kinder- und Jugendchöre investieren.“ Chorleitende verdienten eine angemessene Bezahlung und faire Strukturen, mahnte der Ehrenpräsident des Chorverbands Rheinland-Pfalz an.
Die Veranstaltung in Sohren machte eindrucksvoll deutlich, dass Chor- und Musikvereine weit mehr sind als kulturelle Freizeitangebote. Sie sind tragende Säulen des gesellschaftlichen Lebens und Ausdruck gelebter Gemeinschaft.
Im kommenden Jahr werden die Zelter- und pro-musica-Plaketten im Rahmen der ‚Tage der Chor- und Orchestermusik‘ am 15. März 2026 in Kaiserslautern durch den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier persönlich verliehen.