Kein gemeinsames Singen: Chorverband verliert Mitglieder

Der Vizepräsident des Chorverbands Rheinland-Pfalz, Tobias Hellmann, im Gespräch mit der dpa zur angeschlagenen Situation der Chorkultur im Land.

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Die Corona-Pandemie hat auch die Chorlandschaft in Rheinland-Pfalz durcheinander gewirbelt. Chorvereine suchen kreative Lösungen andere pausieren – mit einem gewissen Mitgliederschwund.

Neuwied/Mainz (dpa/lrs) – Kein gemeinsames Singen, keine Auftritte, keine «echten» Probe-Treffen: Die Corona-Pandemie macht auch Chören in Rheinland-Pfalz zunehmend das Leben schwer. «Es ist tatsächlich jetzt ein bisschen Resignation an vielen Stellen eingetreten. Es gibt momentan keine halbwegs sichere Perspektive», sagte der Vizepräsident des Chorverbandes Rheinland-Pfalz, Tobias Hellmann. Mit «Chorproben in voller Besetzung» – damit rechne er in diesem Jahr bei größeren Ensembles nicht mehr, vor allem wegen nicht ausreichend vorhandener geeigneter Probenräume. «Höchstens Chorproben in kleineren Gruppen», die könnte es dann wieder geben.

Auswirkungen der Zwangspause auf das bisherige Chorleben bekommt auch der Verband zu spüren. Im Corona-Jahr 2020 habe man ungefähr 2000 Singende verloren, sagte Hellmann, der hauptberuflicher Chorleiter von acht Chören in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen ist. Zudem seien 20 Chöre verschwunden, darunter sieben Kinderchöre. «Das ist natürlich traurig. Die Pandemie wird bei der Entwicklung deutlich mitgewirkt haben.»

Die derzeit rund 30.000 Aktiven in 1.230 Chören übten das Singen als Hobby aus. «Und jeder von uns weiß: Wenn ich ein Hobby, warum auch immer, eine Zeit lang nicht ausüben kann, orientiere ich mich neu», sagte Hellmann. «Die Leute entwöhnen sich.» Umso wichtiger sei, dass Chöre in dieser Zeit Kontakte hielten – und auch digitale Angebote machten. Am meisten werde dabei die Videoplattform Zoom genutzt. «Das hat auch eine starke soziale Komponente, weil die Leute sich sehen und untereinander austauschen können.» Gemeinsam singen könne man wegen der Ton-Verzögerungen nicht, aber zumindest Grundzüge des Notentextes vermitteln und gemeinsam erarbeiten, annähernd wie in einer «normalen» Probe. «Und wenn wir dann wieder anfangen in Präsenz zu üben, müssen die Leute nicht bei null anfangen», sagte er.

Nach einer Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt haben die meisten Chöre im deutschsprachigen Raum mit Austritten infolge von Corona zu kämpfen. Nur weniger als ein Drittel habe die ursprüngliche Mitgliederzahl gehalten, teilte Studienleiterin Kathrin Schlemmer mit. Besonders dramatisch sei es bei den Nachwuchschören. Dort existiere «de facto jeder achte Kinder- und Jugendchor nicht mehr». Für die Studie waren im März 2021 mehr als 4400 Chöre in Deutschland, Österreich und der Schweiz online befragt worden. https://singendesland.de/choco-studie-bestaetigt-corona-bringt-die-chormusik-aus-dem-takt/8492/

Hellmann sagte auch, manche Chöre hätten es nicht geschafft, eine Bindung zu den Mitgliedern zu halten, oft auch, weil sie keine Alternativen zur Präsenzprobe gesucht hätten. Es gebe aber auch viele Chöre mit kreativen Lösungen, die gerade bei einem Wettbewerb – dem «SiLa-Award» – prämiert wurden. Auf Platz eins kam das Ensemble «CHORona Malberg» aus dem Chorverband Westerwald – mit einem Konzert am Nikolaustag auf einem großen Parkplatz: Dabei saßen Zuschauer mit Funk-Kopfhörern in Autos und konnten Weihnachtslieder mitsingen.

In Rheinland-Pfalz gibt es nach Angaben von Hellmann insgesamt «70.000 bis 80.000 aktive Singende über alle Verbände hinweg». Auch Kirchen- und Konzertchöre gehörten dazu. Seiner Ansicht nach wird sich nach der Krise «die Art und Weise, wie Chöre ihrer Arbeit finanzieren», ändern. «Wir brauchen höhere Mitgliederbeiträge.» Noch gebe es Chöre, bei denen der Monatsbeitrag bei zwei Euro liege. «Das wird sich ändern müssen, wenn wir Chöre langfristig erhalten wollen.»

Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Kulturministeriums in Mainz können gemeinnützige Vereine, die wegen Corona in ihrer Existenz bedroht sind, bis zu 12 000 Euro Soforthilfe beantragen. Im Kultur-, Musik- und Kunstbereich seien bislang knapp 110 000 Euro an Hilfen für 30 Antragsteller ausgezahlt worden, sagte eine Sprecherin. 17 Anträge seien noch in Prüfung, 52 wurden abgelehnt.
Die Anzahl der bislang gestellten Förderanträge zeige, «dass die überwiegende Anzahl der Vereine das erste Jahr der Corona-Pandemie aus Eigenmitteln finanzieren konnten», hieß es. Das Kulturministerium gehe aber davon aus, dass mit Ende dieses Jahres die Zahl der Anträge steigen werde.

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