Vor einigen Jahren war es DAS Highlight des Abends: Zum Abschluss eines Auftritts — in der ehemaligen Abteikirche St. Maximin in Trier sangen die Männer des weltberühmten schwedischen Chores Orphei Drängar in genau dieser Aufstellung; mit weitem Abstand rundum an den Außenmauern der Kirche verteilt. Der Klang und die Wirkung der Musik im Raum waren überwältigend, ein magischer Abschluss eines an sich schon grandiosen Konzertes.
Das waren natürlich Profis. Aber warum soll ein Laienchor das nicht auch einmal versuchen? Also los, mit Proben und Experimentieren. Sobald nach den ersten Lockerungen das Singen wieder möglich war, trafen sich die Männer des Chorgesang Cäcilia Rachtig in der Kirche; zögerlich zunächst und nur mit Einzelstimmen, schon bald aber wieder mit dem ganzen Ensemble. Verschiedene Aufstellungen wurden ausprobiert; aber da nicht nur unter den Mitwirkenden die Drei-Meter-Regel gilt, sondern zusätzlich auch noch zum Publikum fünf Meter Abstand eingehalten werden müssen, blieb nur eine Form übrig: als zahlenmäßig stärkste Stimme der 2. Bass am Hochaltar, davor die drei verbliebenen Herren des 1. Tenors, in den Seitenschiffen rechts und links um 90 Grad gedreht die beiden Mittelstimmen, im akustischen Zentrum Chorleiter Josef Thiesen und am historischen Bösendorfer-Flügel Theresia Thiesen.
Es wurde ein Abend der romantischen Klänge, die in großer dynamischer Bandbreite und in wechselvollen Farben das Kirchenschiff füllten. Neben bekannten Sätzen standen auch mehrere Neueinstudierungen der Corona-Zeit im Programm; dabei durchaus auch Ungewohntes: ‘Die Abendglocken rufen’ von Franz Abt nicht im bekannten G-Dur, sondern sehr tief in verhalten leuchtendem E-Dur. ‘Psalm 23’ von Franz Schubert nicht im heute üblichen B, sondern im As-Dur der originalen Frauenchorfassung. ‘Der König in Thule’ mit seiner grandiosen Bassmelodie, diesmal abwechselnd mit zwei Solostrophen von Bariton Bernd Föhr. Dazwischen zwei Impromptus von Franz Schubert, gekonnt musiziert von Theresia Thiesen sowie stimmungsvolle Gedichte von Rilke, Eichendorff, Banck und Heinz Erhardt, pointiert vorgetragen von Miriam Glesius.
Leider musste nach 60 Minuten Schluss sein, und leider durften auch nur 60 Zuhörer*innen dabei sein, aber Standing Ovations zeugten von der Begeisterung über ein hervorragend gelungenes Experiment.