Über die Jahre 2020 und 2021 halbierte sich die Chorstärke des Männergesangvereins 1863 Ellern, bei Rheinböllen im Hunsrück, von 36 auf den aktuellen Stand von 18 Sänger. Nachdem die Männer im Spätsommer 2021 dann wieder mit den Chorproben begonnen hatten, sollte zunächst ein Benefizkonzert für die eigene Vereinskasse durchgeführt werden.
Aber dann kam ein einschneidendes Erlebnis: Als neuer Vereinsvorsitzender nahm Norbert Wirtz Anfang Oktober an der Herbsttagung des Kreis-Chorverbands teil und hörte dort zum ersten Mal von Chören, die um Hilfe baten, weil sie beim Jahrhunderthochwasser an der Ahr ihr nahezu gesamtes Vereinsvermögen verloren hatten.
Vier Tage später berichtete er dazu seinem Vorstand und schlug vor, den Erlös aus dem Konzert nicht für den eigenen Verein zu verwenden, sondern mit der Summe einen geschädigten Chor im Ahrtal zu unterstützen. Weitere zwei Tage später machte Norbert Wirtz den anwesenden Sängern in der Chorprobe den gleichen Vorschlag. Die gesamte Gruppe unterstützte den Vorschlag ohne zu zögern. Wirtz nahm Kontakt zum Kreis-Chorverband Ahrweiler auf, der ihm daraufhin eine Auflistung besonders betroffener Chöre zusandte. Aus dieser Liste wählten die Aktiven den MGV Ahrweiler 1861 aus, der als Chorverein dem MGV Ellern strukturell sehr ähnlich ist. Der MGV Ahrweiler hatte durch das Hochwasser sein gesamtes Notenarchiv verloren. Und auch das Klavier und die Vereinsfahnen wurden beschädigt.
Am 15. Mai 2022 meldete sich der Chor in Ellern nach zweijähriger Pause mit einem ‘Stundenkonzert’ wieder in die Öffentlichkeit zurück. Dazu begrüßte Vorsitzender Norbert Wirtz, neben dem Kreisbeigeordneten Dietmar Tuldi, der zugleich förderndes Mitglied im MGV Ellern ist, den Verbandsbürgermeister Michael Boos, den Ortsbürgermeister Friedhelm Dämgen, ebenfalls förderndes Mitglied im MGV, den Pfarrer Engers als Hausherr, auch den Vorsitzenden des MGV Ahrweiler Winfried Ley sowie seinen Pressewart Klaus Geck mit Ehefrauen in der Evangelischen Kirche in Ellern. In einem etwa einstündigen Konzert präsentierten sichtlich froh gelaunte Sänger alte und neue Lieder, die sie seit Ende Februar neu einstudiert hatten.
Das Konzert begann mit einer Choralvariation zu ‘Vergiß nicht zu danken’ von Hans-Martin Rauch, das Musikdirektor Heinz-Gunther Ackva virtuell auf der Kirchenorgel intonierte. Nach einer kurzen Anmoderation durch Karl-Heinz Ochs startete der Chor mit ‘Wünsche für alle Zeit’, das Udo Jürgens selbst als eines seiner besten Kompositionen bezeichnete, entsprechend war auch der Applaus des Publikums.
Es folgte eine kleine Premiere, denn Johannes Konrad sang mit ‘Hallelujah’ von Leonard Cohen erstmals ein Solo und erhielt dafür lange anhaltenden Beifall. Der Chor setzte das Programm fort mit ‘So leb Dein Leben’ von Jacques Revaux, das seinerzeit in der englischsprachigen Coverversion ‘My Way’ in der Bearbeitung von Paul Anka und gesungen von Frank Sinatra große Bekanntheit erlangte.
Nach einer Ansprache von Pfarrer Engers am Sonntag ‘Kantate’ im evangelischen Kirchenjahr, in der er sich sehr positiv mit dem Begriff Musik und Singen auseinandersetzte, folgte der Chor mit ‘Vom Flügel eines Engels berührt’ von Bernd Stallmann. Johannes Konrad folgte mit einem weiteren Solo ‘You raise me up’ von Brendan Graham, bevor der Chor mit ‘Ich glaube’, einem weiteren Stück von Udo Jürgens, zu einem Klaviersolo ihres Chorleiters Heinz-Gunther Ackva dem ‘Ave Maria’ von Giulio Caccini in einem interessanten Arrangement von Vladimir Vavilov überleitete.
Die Sänger übernahmen wieder mit ‘Ich schenk Dir einen Schutzengel’ von Ulrich Düllberg und nach einem kurzen Dankeswort von Norbert Wirtz abschließend mit einem Stück, das auch die Chorgemeinschaft Ahrweiler-Walporzheim schon zu mehreren Anlässen präsentiert hat, ‘Ihr von morgen’ der Hymne an die Zukunft von Udo Jürgens. Die begeisterten Zuhörer boten in der Kirche Standing Ovations. Sie bedankten sich damit für ein sehr gelungenes Stundenkonzert und nahmen die nette Aufforderung der Sänger, das Schlusslied ‘Banaha’ – einem Chanson traditionelle Congolaise in der Sprache Kiluba – gemeinsam mit ihnen zu singen, mit großer Freude auf. Die Kirche erfüllte daraufhin eine gewaltige Stimmwelle.
Nach dem Konzert standen Besucher und Aktive noch über zwei Stunden bei herrlichem Wetter und einigen guten Tropfen von der Nahe auf dem Kirchplatz zusammen und tauschte sich über die jeweiligen Aktivitäten und vorherrschenden Rahmenbedingen der beiden Chöre und deren Vereinsleben aus.
Die Gastgeber zeigten sich außerordentlich interessiert am aktuellen Stand des Wiederaufbaus im Tal und waren berührt von den Schilderungen. Beide Seiten waren sich einig, den aufgebauten Kontakt weiter aufrechtzuerhalten und sich zu gegebener Zeit mit den Chören zu treffen und gemeinsam zu singen.