Zur ersten Diezer Chornacht ‘Diez ganz Chor’ sangen sechs Chöre, die an drei verschiedenen Plätzen in der Diezer Altstadt auftraten: im malerischen Garten von Haus Eberhard, auf dem Vorplatz der Stiftskirche und vor dem Grafenschloss, das in diesem Jahr sein 950-jähriges Gründungsfest feierte.
“Es war ein beeindruckendes Hörerlebnis, ich bin sprachlos und zutiefst beeindruckt”. Damit brachte Stadtbürgermeisterin Anenette Wick wahrscheinlich auch das Gefühl der zahlreichen Flanierenden treffend zum Ausdruck. Die Idee zu dieser gelungenen Chornacht in Diez hatte die Kreis-Chorleiterin des Kreis-Chorverbandes Unterlahn, Bettina Scholl, inspiriert von der Limburger Chornacht. Nach der Terminverschiebung um zwei Jahre konnte ‘Diez ganz Chor’ dann endlich in diesem Jahr, am 15. Juli stattfinden.
“Ob überhaupt Zuschauende kommen werden? Wie wird das neue Format in Diez angenommen?” – dies waren häufig gestellte Fragen der Organisatoren. Und noch bis etwa 15 Minuten vor Beginn herrschte darüber hinaus Unsicherheit, ob das Wetter mitspielt oder die Veranstaltung komplett in die Stiftskirche verlegt werden müsste. Aber das Bangen war unbegründet. Pünktlich um 18 Uhr hörte der Regen auf und alle Konzerte konnten unter freiem Himmel stattfinden.
Das Konzept der Chornacht sah vor, dass jeweils drei Chöre zeitgleich an den drei verschiedenen Plätzen für etwa eine halbe Stunde sangen. Jede volle Stunde traten dann jeweils drei andere Chöre an den Orten auf. Dies ermöglichte dem Publikum, sich zwischen den Chorauftritten auszutauschen oder entspannt zum nächsten Konzertort zu schlendern. Und natürlich wurden allerorts gekühlte Getränke angeboten. Die Bühne am Grafenschloss teilten sich der Männerchor Germania Freiendiez und der gemischte Chor Thalia Ebernhahn, beide unter der Leitung von Jürgen Faßbender. Vor der Stiftskirche sangen der Frauenchor Fachingen und der Kreml-Chor aus Zollhaus. Der Frauenchor wird regulär von Marco Herbert geleitet. An diesem Abend aber übernahm Dorothee Laux, die auch den Kreml-Chor leitet, auch die Leitung des Frauenchors. Im Garten von Haus Eberhard erfreuten der gemischte Chor Aarlegro Niederneisen, unter der Leitung von Bettina Scholl. und der Männerchor Frohe Stunde Weroth, geleitet von Jens Röth, das Publikum. Die perfekte Organisation – maßgeblich von Bettina Scholl in Zusammenarbeit mit der Germania Freiendiez durchgeführt – verdient besondere Anerkennung, da dieses Engagement eine solche Veranstaltung überhaupt erst möglich macht.
Das Programm, das von den Singenden zusammengestellt wurde, war vielfältig. Es umfasste die klassische Männerchorliteratur – Friedrich Silcher, Mathieu Neumann oder Felix Mendelssohn-Bartholdy – auch Volks- und Trinklieder sowie Spirituals und Gospels, auch jiddische Lieder und Stücke in rätoromanischer Sprache. Des Weiteren Berglieder und aktuelle Chor-Arrangements der populären Musik.
In der Stiftskirche wurde die geistliche Chormusik präsentiert. Dies dürfte insbesondere Pfarrer Ingo Lüderitz gefreut haben, der großzügigerweise seine Kirche zur Verfügung stellte. Landrat Jörg Denninghoff, der die Schirmherrschaft der Chornacht übernommen hatte, richtete Grußworte an die Anwesenden.
“Schlendern Sie vom alten Markt kommend den Schlossberg hinauf und genießen Sie das allmähliche Abklingen der Tagesgeräusche. Lassen Sie sich von dieser Atmosphäre verzaubern”, so lud der Kreis-Chorverband in seinem Grußwort im Programmheft ein. Landrat Denninghoff bestätigte dies gerne und dankte mit den Worten: “Ihr habt heute die Menschen mit Chormusik begeistert, nicht hinter verschlossenen Türen, sondern unter freiem Himmel gesungen.”
Die Auswahl der Chorstücke selbst war schon ein Genuss. Aber durch die großartige Akustik der Stiftskirche, in der alle Chöre nochmals zum Schlusskonzert auftraten, wurde der Hörgenuss nochmals verstärkt. Aarlegro beeindruckte mit dem Spiritual ‘Swing Low, Sweet Chariot’, Weroth mit ‘Angels Watching Over Me, My Lord” und dem stimmungsvollen ‘Bènia calastoria’. Ebernhahn machte mit dem ‘Earth Song’, der den Umgang mit der Welt beschreibt, nachdenklich. Weist doch der Earth Song in seinen Lyrics auch unter anderem darauf hin, dass Singen zum Frieden führen kann.
Der Frauenchor Fachingen präsentierte wunderbare Harmonien mit einem Stück aus dem Chorfilm ‘Wie im Himmel’, der Kreml-Chor beschrieb unterschiedliche Wege mit ‘Roads’ und abschließend stellte der Männerchor Germania Freiendiez mit ‘Creation’ die Schöpfungsgeschichte dar. Wäre die Stiftskirche unbeleuchtet gewesen, so hätte die Begeisterung am Ende dieses beeindruckenden Chorstücks zweifellos für strahlendes Licht gesorgt.
Damit endete die Eröffnungsveranstaltung von ‘Diez ganz Chor’. Annette Wick sorgte für einen amüsanten Moment, als sie aus Versehen sagte, dass eine Chornacht nun alle zwei Wochen stattfinden werde. Gemeint war natürlich alle zwei Jahre. Also dann, bis 2025, wenn es erneut heißt: ‘Diez ganz Chor’.